Landleben und kreative Digital Jobs sind auch im Elbe-Elster-Land schon lange kein Widerspruch mehr. Für viele hochqualifizierte und sehr spezialisierte Rückkehrer*innen und Zuzügler*innen ist es vielleicht „die“ Möglichkeit, in Ihre Heimat zu ziehen und trotzdem, weiterhin bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber außerhalb von Elbe-Elster beschäftigt zu sein. UNSER TIPP: Stellt einfach einen Home-Office-Antrag oder Versetzungsantrag in einen Coworking Space. Ein Versuch ist es wert! Meist wird es dann am Ende vielleicht eine Kombination aus Pendeln, Home-Office und mobilem Arbeitsplatz. Mit den neuen IC-Verbindungen von Doberlug-Kirchhain und Elsterwerda ist man innerhalb einer Stunde in Berlin und schnell in allen anderen Bundesländern zu möglichen Präsenz-Bürotagen.
Home-Office in Elbe-Elster
Hier richtet meist der Arbeitnehmer einen festen Arbeitsplatz in seinem Zuhause ein. Der Arbeitgeber sorgt in der Regel für das Equipment und die technischen Rahmenbedingungen. Um gutes Home-Office zu praktizieren, empfiehlt sich ein separates Zimmer bzw. ein abgetrennter Bereich. Wie Home-Office funktionieren kann und wann nicht, erfahrt Ihr jetzt im Interview mit Andreas Dohmel aus Lindthal, der inzwischen seit einigen Jahren teilweise im Home-Office arbeitet.
Interview mit Andreas Dohmel aus Lindthal
Senior Manager im Internen Kontrollsystem – Steuerung / Compliance & Integrität
Volkswagen Financial Services AG, Standort Braunschweig
Du lebst mit deiner Familie in Lindthal, arbeitest dort zum Teil im Home-Office und nicht an deinem Arbeitsort Braunschweig. Warum ist dir Heimat so wichtig?
Seit meiner Geburt ist Lindthal mein Hauptwohnsitz – und das sehr gern. Ich schätze an meinem Heimatort, wie er sich über nun fast 4 Dekaden sanft entwickelt hat. Er ist zwar kein Hotspot im Süden Brandenburgs, aber beschaulich und gut gepflegt. So ganz ohne Attitüde also. Das Gras darf mal länger stehen und ein Vorgarten des Grauens ist nicht nötig. Wir leben in dörflicher Gemeinschaft gut zusammen, gestalten als Lindthaler viele Dinge in Eigenregie und kennen uns (fast) alle persönlich. Von meinen Eltern kenne ich es gar nicht anders, als das Dorfleben mitzugestalten und für Dinge einzustehen, die auch schwierig sein können. Daher zog es mich auch vor kurzem in die Kommunalpolitik. Denn wir machen hier das Licht nicht aus, sondern halten es am Leuchten. Wesentlich länger bin ich in der Kirchengemeinde Massen ehrenamtlich aktiv, organisiere Veranstaltungen, kümmere mich um die Finanzen, die Öffentlichkeitsarbeit und vertrete die Gemeinde in weiterführenden Gremien. Den Glauben möchte ich als weiteren Anker anbieten, ohne ihn aufzudrängen.
Berlin und Braunschweig als meine Zweitwohn- und Arbeitsorte finde ich total spannend und eine persönliche Bereicherung. Sie sind keine Orte, die nur aufgrund ihrer Größe und Angebote als „der bessere Wohnort“ gelten können. Sie bieten für mich lediglich einen Zugang zum Anderssein – anders wohnen, anders leben, anders feiern, anders denken usw. Letztlich zeigt es nur, wie bunt unsere Welt ist und dass eine weltoffene Einstellung nicht vor dem Dorf Halt machen braucht. Hier ist es auch nicht anders, sondern nur auf kleiner Flamme. Daher muss ich immer schmunzeln, wenn Bekannte über manche Ideen oder Erzählungen schlussfolgern: „Ach ja, Berlin…!“
Seit wann, wie und warum arbeitest du im Home-Office?
2011 startete ich mit einem sporadischen Tag in der Woche. Den vereinbarte ich immer individuell mit meinem damaligen Chef. Bis dato fuhr ich täglich mit dem Zug von meinem Zweitwohnsitz Berlin nach Braunschweig. 2012 wurde dieser eine Tag zur Regel. Nach einem Unfall Anfang 2014 startete ich im Herbst 2014 nach medizinischer Indikation mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche. Das war nicht nur in der Organisation der Arbeitsabläufe schwierig. Auch im Unternehmen gab es zu dieser Zeit keine grundlegenden Richtlinien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Freiwilligkeit war hier eher ein Hemmnis. Das hat sich bis heute sowohl technisch als auch kulturell im Unternehmen sehr positiv entwickelt. So führen wir in unserer Abteilung schon seit langem unsere Besprechung entweder durch Zuschalten der Kollegen im Homeoffice per Telefon oder Skype.
Was sind die Vorteile?
Für mich ist die freie Zeiteinteilung ein großer Vorteil. Ich kann mich je nach Notwendigkeit, aber auch persönlichem Befinden meinen unterschiedlichsten Aufgaben widmen. Als Frühaufsteher habe ich morgens bereits die aufgelaufene Korrespondenz erledigt oder nutze die Zeit für zeitintensive technische Dinge, die ich für meine Abteilung auch betreue. Zur Kernarbeitszeit bietet sich ausreichend Raum für den Austausch mit Kollegen. Ohne Zweifel ist aber der Entfall der Reisezeit zu nennen, obwohl ich unheimlich gern mit der Bahn unterwegs bin. Schnell bin ich auch im Feierabend und in der Erholung: Kleidung wechseln und eine Etage tiefer ist die Arbeit schon wieder weit weg.
Gibt es trotzdem Herausforderungen?
Der Start war unheimlich schwer für mich. Zum einen schien ich aus dem Büroalltag und von meinen Kollegen völlig abgeschnitten. Die Abwesenheit war gleichgesetzt mit einer unsichtbaren Kommunikationsblockade. Zum anderen fühlte ich mich im Homeoffice immer getrieben: Bin ich ausreichend erreichbar? Darf ich das Telefon in meiner Mittagspause mal klingeln lassen? usw. Schwierig ist, dass du im Büro oder beim Gang über den Flur die Kollegen als anwesend wahrnimmst. Zu Hause siehst Du „nur“ den Status im Skype, den zu zeigen obendrein noch freiwillig ist. Anrufe landen oft im Leeren. So ist eine Mail oder eine andere Rückrufbitte oftmals zielführender. Allerdings reißt einen das häufig aus dem Arbeitsrhythmus.
Nach nunmehr sechs Jahren mit zwei Tagen Homeoffice sind diese Fragen geklärt und ich bin innerlich ruhiger im Umgang mit Zweifeln. Das liegt aber im Wesentlichen am Rückhalt durch meine Führungskraft und die Art und Weise der Zusammenarbeit im Team und in der Abteilung.
Vor zwei Jahren warst du mal im Mini-Coworking Space „Dein Arbeitszimmer“ bei Comeback Elbe-Elster zu Gast. Wie kam es dazu?
Nach Stromschwankungen war unser Telefonnetz im Ort ausgefallen. Eine Mobilfunkabdeckung gibt es nicht. Das bedeutet für mich, dass ich meinen Vorgesetzten unverzüglich zu informieren und mit ihm Maßnahmen abzustimmen habe. Mir kam in den Sinn, dass in Finsterwalde ein Coworking-Space existiert, ich mich aber noch nie damit befasst hatte. Da ich Maria kenne, nahm ich Kontakt zu ihr auf und bat um kurzfristigen Unterschlupf. Ich durfte damals den Schreibtisch von Stefan nutzen, der an diesem Tag nicht im Office war. Schwierig ist allerdings nach wie vor, dass ich zum Telefonieren nach draußen gehen muss und meine Unterlagen nicht einsehbar sein dürfen.
In Corona-Zeiten wird Home-Office gesellschaftsfähig und alltagstauglich. Nur eine Phase oder die Zukunft?
Für mich ist das Homeoffice bzw. FlexWork, wie es bei uns genannt wird, wenn der Arbeitnehmer seine eigene Ausstattung im Arbeitszimmer nutzt, schon längst alltagstauglich. Selbst wenn ich unterwegs bin, kann und darf ich unter Beachtung unserer Vertraulichkeitsvorschriften arbeiten. Für alle, die direkt mit Menschen arbeiten oder in der Produktion tätig sind, im Transportwesen beschäftigt sind oder im Handel direkten Kundenkontakt haben müssen, bleibt diese Arbeitsform sicher kaum umsetzbar. Allen anderen bietet sie persönliche Freiheit, von der der Arbeitgeber durch ausgeglichenere und leistungsfähigere Mitarbeiter*innen profitiert.
Coworking in Elbe-Elster
In den Großstädten ringsum – Berlin, Dresden, Leipzig – ist Coworking seit Jahren etabliert, doch immer mehr Menschen ziehen zurück aufs Land, oder gründen auf dem Land, oder sind von Zuhause aus tätig und suchen nach dem passenden Büroraum. Wir stellen euch drei Kreativorte in Elbe-Elster vor, in denen ihr modern und in guter Gesellschaft New Work betreiben könnt. (Stand April 2020)
Dein Arbeitszimmer in Finsterwalde
Standort: mitten im Zentrum von Finsterwalde, Nebenstraße, unweit von der Post, Rathaus und Mittagsversorgern
Betreiber: Generationen gehen gemeinsam (G3) e.V. in Kooperation mit der Willkommensagentur Comeback Elbe-Elster und der Geschäftsstelle „Ankommen in Brandenburg“
Preise und Leistungsumfang:
Dauer-Coworker: 99 EUR/ Monat; Schreibtisch mit Arbeitsleuchte; eigener Schlüssel für 24/7; fixer Platz mit Schrank, WLAN
Kurzzeit- und 1-Tages-Coworker: Anfrage bei Bedarf
Ausstattung: 2 Arbeitsplätze; kleine Beratungs- und Versorgungsecke, WC
Kontakt:
Verein „Generationen gehen gemeinsam“ (G3)
An der Schraube 26
03238 Finsterwalde
+49 3531 718288
in**@gd*******.de
LUG2 in Herzberg/Elster
Standort: mitten im Zentrum von Herzberg, Nebenstraße, unweit vom Rathaus und Mittagsversorgern
Betreiber: hafenjunge markus wegner, design, grafikdesign & webservices
Leistungsumfang und Preise:
Dauer-Coworker: 150 EUR/ Monat, Schreibtisch mit Arbeitsleuchte, eigener Schlüssel für 24/7, fixer Platz mit Schrank, WLAN
Kurzzeit-Coworker: 10-Tages-Block 99 EUR, Platz am Kurzzeittisch, WLAN
1 Tages-Coworker: 15 EUR / Tag, Platz am Kurzzeittisch, WLAN
Ausstattung: 4 Arbeitsplätze, Kurzzeit-Coworker-Ecke auch als Tagungsraum nutzbar, Küche, WC
Kontakt:
LUG2 Coworking
Kirchstraße 10
04916 Herzberg (Elster),
+49 151 25745217
in**@lu************.de
www.lug2-coworking.de
Meet@Work in Bad Liebenwerda
Standort: mitten im Zentrum von Bad Liebenwerda, unweit von Mittagsversorgern
Betreiber: IHK Regionalcenter Elbe-Elster
Leistungsumfang und Preise:
Dauer-Coworker: (noch) kostenlos, da bis Ende Juni 2020 Schnupperphase, Schreibtisch, eigener Schlüssel für 24/7, fixer Platz mit Schrank, WLAN, Drucker
Kurzzeit-Coworker: Platz am Kurzzeittisch, WLAN
Ausstattung: 6 Arbeitsplätze, Kurzzeit-Coworker-Ecke auch als Tagungsraum nutzbar, Küche, WC
Kontakt:
meet@work / IHK Regionalcenter
Burgplatz 1
04924 Bad Liebenwerda
+49 355 365 3300
ma************@co*****.de
Noch ein Geheimtipp – Coworking in Doberlug-Kirchhain
Die Stadt Doberlug-Kirchhain entwickelt derzeit ein Konzept zur Revitalisierung des Bahnhofsgebäudes, das Gebäude befindet sich im Eigentum der Stadt. Im Bahnhof stehen vom Erdgeschoss bis zur 2. Etage über 800 qm2 Nutzungsfläche zur Verfügung. Auch hier soll ein Coworking-Bereich im 1. Obergeschoss mit ca. 93 qm2 für Kreativschaffende, Freiberufler und Gründer entstehen.
Mehr Informationen dazu unter: www.bahnhof-doki.de